Horror, Science-Fiction, Romantik | Erscheinungsjahr: 2025 | Geschaut: 2025 im Kino | Schauspieler: Dave Franco, Alison Brie, Damon Herriman | Regisseur: Michael Shanks | 1h 42min
7,3/10 Punkte
Verlieben, verloren, vergessen… verschmelzt?
Together, ein Film, den ich dieses Jahr mit wirklich großer Vorfreude erwartet habe, kam nun endlich Mitte dieses Jahres in die Kinos und reiht sich ein in ein Kinojahr, das allen Horrorfans wohl noch lange im Gedächtnis bleiben wird. 2025 ist ohnehin schon gespickt mit Filmen, die im Genre für Gesprächsstoff sorgen – und Together sollte eigentlich einer der großen Höhepunkte für mich werden. Die Entscheidung, ob ich zuerst in diesen oder in Weapons gehe (beide standen sowieso fest auf meiner Liste), fiel am Ende auf Together. Leider muss ich heute gestehen, dass das vielleicht nicht die glücklichere Wahl war – und das, obwohl ich Weapons noch gar nicht gesehen habe. Meine Erwartungen an den Film waren enorm hoch, vielleicht sogar zu hoch, und genau daran ist er für mich ein Stück weit gescheitert.
Wir begleiten das Paar Tim (Dave Franco) und Millie (Alison Brie), die nach Jahren in der Großstadt aufs Land ziehen. Millie hat dort einen neuen Job angenommen, und gleichzeitig wollen die beiden ihrer angeschlagenen Beziehung eine neue Chance geben. Was zunächst wie ein klassisches Drama um Neuanfang und Beziehungskrise wirkt, kippt bei einer Wandertour ins Surreale. Nachdem sie gezwungen sind, eine Nacht in einer abgelegenen Höhle zu verbringen, merken Tim und Millie schnell, dass etwas nicht stimmt. Körperlicher Horror wird hier zur greifbaren Metapher für emotionale Co-Abhängigkeit – und das in einer schonungslos direkten Art.
Gleich zu Beginn wird klar: Wer im letzten Jahr The Substance mochte, wird hier wohl ähnlich auf seine Kosten kommen. Together schlägt in eine vergleichbare Kerbe – banal in seiner Ausgangslage, dabei grotesk und radikal in seiner Umsetzung. Die Geschichte darf man nicht zu ernst nehmen, und der Film tut es selbst auch nicht immer. Genau darin liegt für manche Zuschauer der Reiz, für andere aber wohl der Bruchpunkt. Ich persönlich hatte im Kino Schwierigkeiten, den Plot um die Höhle ernst zu nehmen. Die Ausgangsidee ist stark, keine Frage – doch die Erklärung für das, was folgt, wirkt wie aus einem skurrilen Kinderbuch herausgerissen und hätte sich nicht einmal Wolfang Petry in seinen idiotischten Liedtexten ausdenken können.
Was Together aber rettet – und das ist keine kleine Leistung –, sind die herausragenden Performances von Dave Franco und Alison Brie. Die beiden liefern eine intensive, fast schmerzlich intime Darstellung ab, die mühelos zwischen beklemmend und tief berührend pendelt. Es ist genau dieses Zusammenspiel, diese Chemie, die dafür sorgt, dass man selbst in den abstrusesten Momenten nicht den Faden verliert. In den peinlichen Szenen, die hier häufiger vorkommen, ist der Film herrlich unangenehm – so sehr, dass man sich im Kinosessel windet. Interessanterweise fällt es in diesen Momenten oft schwerer hinzuschauen als in den expliziten Horrorszenen. Gerade in den körperbetonten Sequenzen wird spürbar, dass Franco und Brie auch im echten Leben ein Paar sind – was dem Ganzen eine zusätzliche Ebene Authentizität verleiht.
Der Horror von Together funktioniert nicht nur als Schauwert, sondern auch als emotionale und thematische Verstärkung. Die starken, teils verstörenden Bilder haben einen doppelten Effekt: Sie schockieren im Moment und bleiben gleichzeitig im Gedächtnis haften. Das Konzept eines Paares, das buchstäblich miteinander verwächst, ist gleichermaßen bizarr wie beunruhigend und dient als bitterböse Metapher für toxische Beziehungen. Dieses Wechselspiel zwischen laut und leise, zwischen aufgeladenen Szenen und plötzlichen Momenten der Stille, wirkt wie ein bewusst gesetzter Rhythmus – einer, der den Zuschauer immer wieder aus der Komfortzone reißt.
Auf einer tieferen Ebene arbeitet Together als Kommentar gegen gängige Hollywood-Klischees. Während uns gefühlt jede zweite Rom-Com eine idealisierte, fast schon künstliche Vorstellung von „wahrer Liebe“ vorsetzt – und dabei nicht selten toxische Dynamiken unter der Oberfläche romantisiert – dreht dieser Film den Spieß um. Hier wird Liebe nicht verklärt, sondern in ihre hässlichen, ungemütlichen Bestandteile zerlegt: Abhängigkeit, Angst vor dem Alleinsein, das Nicht-loslassen-Können. In seiner Direktheit wirkt der Film fast schon wie ein Gegenentwurf zu Hochglanz-Beziehungsdramen.
Und trotzdem bleibt am Ende ein Gefühl der Unvollständigkeit. Der Film hat ein geniales Tempo zu Beginn, und der abrupte Wechsel von der beengten Stadt aufs offene Land funktioniert hervorragend. Ich hatte gehofft, dass Together diesen Schwung beibehält und weiter mit Schocks arbeitet, um uns durch die Handlung zu führen. Doch leider wird dieses Stilmittel nach dem ersten Drittel fast komplett fallengelassen. Stattdessen setzt der Film stärker auf symbolische und metaphorische Szenen, die zwar funktionieren, aber den anfänglichen Drive etwas verpuffen lassen. Auch die Erklärung, warum alles so ist, wie es ist, bleibt vage – für manche vielleicht reizvoll, für mich eher ein verschenktes Potenzial.
Together ist ein Film mit einer genialen, originellen Grundidee und zwei Schauspielern, die ihn mit ihrer Präsenz über jede Schwäche hinwegtragen und Hollywood einen weiteren Grund gibt, warum originelle Geschichten und Ideen mehr Würdigung benötigen. Together ist ungemütlich, bizarr, manchmal herrlich unangenehm – und gerade deshalb sehenswert. Doch um sein volles Potenzial zu entfalten, fehlte mir persönlich ein kleiner Funke.
Verfügbar bei: https://www.justwatch.com/de/Film/together-2025
